Ursache für Long COVID im Blut gefunden
Ein internationales Wissenschaftsteam unter der Leitung des Universitätsspitals Zürich scheint eine Erklärung dafür gefunden zu haben, warum manche Menschen nach einer SARS-CoV-2-Infektion an Long COVID leiden – und andere nicht. In den Blutproben von 113 COVID-19-Patient*innen, die während und bis zwölf Monate nach der akuten Erkrankung entnommen wurden, fand man bei Teilnehmenden, die Long COVID entwickelten, auffällige Blutserumproteine. Diese zeigten Veränderungen, die mit einer fehlerhaften „Arbeit“ des sogenannten Komplementsystems in Verbindung stehen. Letzteres steuert als angeborener Teil des Immunsystems ganz wesentlich die „Sofortabwehr“ gegen Erreger.
Das Forscherteam um Onur Boymann fand heraus, dass sich die Werte des Komplementsystems bei Long COVID-Patient*innen, die sich vor der sechsmonatigen Nachuntersuchung erholten, wieder normalisierten. Laut Boymann kehre das Komplementsystem bei Patient*innen mit längeranhaltenden Long COVID-Symptomen jedoch nicht mehr in den Ruhezustand zurück, sondern bliebe aktiviert und schädige so auch gesunde Körperzellen.
Die Forschungsergebnisse werden aktuell intensiv diskutiert. So sagt Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt-Ambulanz an der Berliner Charité Universitätsmedizin dem „Science Media Center“: „Es handelt sich hierbei um eine interessante Studie, die die Relevanz der Komplement- und Thrombozytenaktivierung bei Long COVID zeigt. Sie fügt sich in das Bild ein, dass Gefäßentzündung, Gerinnungsaktivierung, Autoimmunität und Virusreaktivierung eine Rolle bei Long COVID spielen. Die nachgewiesen Marker könnten auch diagnostisch relevant sein. Erste Therapiestudien laufen bereits, die an diesen Mechanismen ansetzen.“
Nach Expert*innenmeinung stellen die Studienergebnisse ein wichtiges Puzzleteil zur Erklärung von Long COVID dar. Ob sich daraus zukünftig auch therapeutische Konzepte entwickeln lassen, dafür sind nach Einschätzung von Wissenschaftler*innen weitere Studien mit größeren Fallzahlen notwendig.
Hinweis: Das Komplementsystem ist ein wesentlicher Bestandteil im Netzwerk der körpereigenen Immunabwehr und besteht aus einer Kaskade von mehr als 20 verschiedenen Komponenten und Regulatoren. Zu seinen Hauptaufgaben zählt unter anderem die direkte Zerstörung von Zellen und Erregern und die Aktivierung von Abwehrzellen des Immunsystems (Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg)
Weiterführende Informationen:
Zur Veröffentlichung des Science Media Center: https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/research-in-context/details/news/biomarker-zur-bestimmung-von-long-covid/
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