Erstellt von Professor Dr. Rembert Koczulla, Chefarzt im Fachzentrum für Pneumologie, sowie Dr. Rainer Glöckl, Leiter Forschungsinstitut für Pneumologische Rehabilitation – beide an der Schön Klinik Berchtesgadener Land

Symptomcluster

Pneumologie

Beschwerden und Symptome

Die Beschwerden und Symptome einer SARS-CoV-2 Infektion können vielfältig sein und verschiedene Organsysteme betreffen.

Die pneumologischen Hauptsymptome der Patienten nach einer SARS-CoV-2-Infektion im Sinne eines Long-/Post-COVID-Syndroms sind Dyspnoe (also Atemnot oder Kurzatmigkeit), Husten, Leistungsknick aber auch Schlafprobleme mit daraus resultierender Abgeschlagenheit, bzw. Fatigue [1].

Ursache und Diagnostik

Entsprechend der festgestellten Symptome erfolgt die weitere Untersuchung und Abklärung der Beschwerden bei den Patient*innen anhand von vier Kategorien:

  1. Bronchologie (Untersuchung der Atemwege)
  2. Feststellen von Lungenstrukturveränderung (sogenannte fibrotische Umbauten)
  3. Untersuchung von muskulären Problemen mit Zwerchfelleinschränkungen
  4. Beobachtung von Schlafstörungen

Zu 1.
Hinsichtlich der Bronchologie empfehlen wir, die Lungenfunktion am besten mit Broncholyse, sprich vor und nach Gabe von bronchodilatatorischen (die Bronchen erweiternden) Substanzen zu messen. Dabei kann eine FeNO-Untersuchung hilfreich sein, mit der die Konzentration des Stickstoffmonoxids in der ausgeatmeten Luft gemessen wird (was ein sogenannter Biomarker, also ein messbarer Indikator für eine Entzündung der Atemwege ist).

Zu 2.
Hinsichtlich der strukturellen Lungenveränderung ist ebenfalls die Überprüfung der Lungenfunktion hilfreich. Hier spielt neben der Lungenfunktion die Messung der Diffusionskapazität eine wichtige Rolle. Mit den Ergebnissen lassen sich Aussagen über den Sauerstoffaustausch in der Lunge treffen. Hierbei kann die Anwendung von bildgebenden Verfahren ergänzend hinzugezogen werden.

Zu 3.
Bei Problemen der Atemmuskulatur ist die P01/Pmax-Messung hilfreich, mit der die muskuläre Kraft des Zwerchfells gemessen werden kann [2]. Hierbei kann die Anwendung eines Zwerchfell-Ultraschalls unterstützen. Zusätzlich kann die Spiroergometrie für die Beurteilung der Situation mit herangezogen werden [3, 4], bei der unter körperlicher Belastung mittels einer Mund-Nasen-Maske die Konzentration von Sauerstoff und Kohlendioxid in der Atemluft gemessen wird.

Zu 4.
Schlafprobleme sollten mittels einer gezielten Abfrage bei den Patient*innen untersucht werden. Darüber hinaus können die schlafmedizinischen Untersuchungen wie Polygraphie (PG) und Polysomnographie (PSG) hilfreich sein [5].
Bei der Polygraphie werden Atemaussetzer im Schlaf aufgezeichnet. Im Rahmen einer Polysomnographie werden während des Schlafs verschiedene Körperfunktionen gemessen und dokumentiert. Ob ein Vorscreening zur Erhebung von Daten im Vorfeld der Untersuchung mit sogenannten Wearables (kleine, elektronische bzw. digitale Messgeräte, die direkt am Körper getragen werden) erfolgen kann, ist zu prüfen.

Behandlungsansätze

Folgende Behandlungsansätze können bei pneumologischen Symptomen infolge eines Post COVID-Syndroms angewendet werden:

Bei der Bronchologie, also der Behandlung von Beschwerden im Bereich der Bronchien, ist eine inhalative Therapie bestehend aus ICS, LAMA und LABA zu empfehlen. ICS ist eine Therapie mit inhalativen Corticosteroiden, LAMA sind langwirksamen Anticholinergika und LABA langwirksamen Beta-2-Agonisten.

Zur Behandlung von strukturellen Veränderungen in der Lunge liegen bislang keine Daten vor, die einen Vorteil von antifibrotischer medikamentöser Therapie oder Steroidtherapie gegenüber einer Kontrollgruppe zeigen. Empfohlen wird die Besprechung der Lungenbeschwerden in einem sogenannten Fibrose-Board – einem interdisziplinären Gremium, bestehend u.a. aus Lungenfachärzten, Rheumatologen und Radiologen – um die Expertise verschiedener Fachrichtungen zu vereinen.

Bei Leistungsknick, bzw. Fatigue ist eine Polygraphie oder Polysomnographie angezeigt. Gegebenenfalls kann eine schlafmedizinische Versorgung mittels einer Aufbissschiene, Maskentherapie und/oder Beatmung unterstützen [5].

Liegt bei den Patient*innen eine eingeschränkte Atemmuskelkraft vor, kann die Durchführung eines Atemmuskeltrainings helfen [6].

Begleitende fördernde Maßnahmen

Eine spezifische, auf die Patient*innen abgestimmte, personalisierte und individualisierte Rehabilitation kann zusätzlich unterstützen [7, 8].

Literatur

  1. Koczulla AR, Ankermann T, Behrends U, et al. S1 Leitlinie Long-/Post-COVID. Pneumologie 2022; Artikel in press.
  2. Regmi B, Friedrich J, Jorn B, et al. Diaphragm Muscle Weakness Might Explain Exertional Dyspnea Fifteen Months After Hospitalization for COVID-19. Am J Respir Crit Care Med 2023;
  3. Motiejunaite J, Balagny P, Arnoult F, et al. Hyperventilation as one of the mechanisms of persistent dyspnoea in SARS-CoV-2 survivors. Eur Respir J 2021; 58:
  4. Rinaldo RF, Mondoni M, Parazzini EM, et al. Deconditioning as main mechanism of impaired exercise response in COVID-19 survivors. Eur Respir J 2021; 58:
  5. DEGAM. S3-Leitlinie Müdigkeit der DEGAM 2020. Available from: https://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/ DEGAM-S3-Leitlinien/053-002_Leitlinie%20Muedigkeit/Aktuelle%20Fassung%202018/053-002l_LL_Muedigkeit_180423_online22-05-18.pdf.
  6. McNarry MA, Berg RMG, Shelley J, et al. Inspiratory muscle training enhances recovery post-COVID-19: a randomised controlled trial. Eur Respir J 2022; 60:
  7. Gloeckl R, Leitl D, Jarosch I, et al. Benefits of pulmonary rehabilitation in COVID-19: a prospective observational cohort study. ERJ Open Res 2021; 7: 00108-2021.
  8. Li J, Xia W, Zhan C, et al. A telerehabilitation programme in post-discharge COVID-19 patients (TERECO): a randomised controlled trial. Thorax 2022; 77: 697-706.

zuletzt geändert: 26. Juni 2023